IT und Hotellerie

Bei der Betrachtung der vielen Fachartikel und Veröffentlichungen in der allgemeinen Presse über den Bereich „IT“ könnte man den Eindruck gewinnen, dass die IT am Rande einer kompletten künftigen Neuausrichtung steht. Ob 5G, Robotik, KI oder autonome Systeme, alles scheint verfügbar zu sein.

Aber spiegelt das tatsächlich die Realität wieder und wie geht die Reisebranche und insbesondere die Hotellerie damit um?

Bis dato lautete das Credo innerhalb der IT “schneller, größer, weiter” und “kleiner, effizienter und billiger”. Meines Erachtens gehen wir nun den nächsten Schritt, hin zu IT 5.0. Unter dem Begriff IT der Zukunft verstehe ich nicht eine bessere und effizientere Nutzung von Geräten und Software, sondern einen gesellschaftlichen Wandel in der Nutzung und Handhabung von Dingen und der Umgebung.

IT 5.0 ist das Zusammenbringen von Web 1.0 bis 4.0, sowie der Industry 4.0 (IoT&Co) und der künftige gesellschaftliche Wandel der Menschheit in und mit Informationstechnologie. IT innerhalb aller Gesellschaftsschichten und Kultur in Verbindung voneinander und untereinander, unabhängig von Rasse, Alter, Kultur, Herkunft und Religion.

Die Gesellschaft an sich befindet sich in einem Wandel und das ist insbesondere anhand von Transportmitteln zu erkennen. Das Thema Elektromobilität ist zwar in aller Munde, stellt aber auch nur eine Übergangstechnologie vom Verbrenner hin zu ganz neuen, vielleicht zu Wasserstoff, dar. Aber was weitaus wichtiger ist, ist autonomes Fahren und insbesondere Sharing Economy. Warum muss jeder 1-2 PKW sein Eigen nennen, wenn diese mind. 80% des Tages nur Platz wegnehmen? Sei es im Stau, aber vor allem durch Parkfläche. Wäre es nicht viel effizienter per App das Auto zu bestellen, dieses fährt z.B. morgens vor, bringt einen zur Arbeit und erledigt dann weitere Aufgaben? Also insgesamt die Absage von mobilem Eigentum, hin zu zwar individueller, aber doch gemeinsamer Mobilität. Und für die Bewegung des Fahrzeugs wird kein Mensch benötigt, das funktioniert komplett autonom. Abgesehen von Transportmitteln auf der Straße oder auf den Schienen, wird in den kommenden 5-10 Jahren der individuelle Transport in der Luft einen großen Aufschwung mit sogenannten Velocoptern, erleben, also eine Art Drohnen für den Menschentransport.

Aber was bedeutet das letztlich für die IT in der Hotellerie?

Die Hotellerie gibt es de facto nicht, da auch diese in verschiedene Bereiche wie Business-, Economy, Luxus- oder auch Urlaubshotellerie unterteilt und mit den verschiedensten Ansprüchen ausgelegt wird. Des Weiteren ist zu klären, ob die IT aus Sicht des Gastes, des Mitarbeiters, des Eigentümers, des Franchisegebers, oder einfach des Menschen betrachtet wird.

Stellt man sich diese Fragen, erkennt man, dass die Entwicklung der IT  innerhalb der Hotellerie nicht isoliert von der Entwicklung der IT innerhalb der Gesellschaft beantworten werden kann.

Innerhalb der Betrachtung Mensch gibt es mind. 2 Strömungstendenzen:

  1. Die kompletten IT Verweigerer
  2. Die komplette Integration der IT in den Alltag

Die erste Strömung wird nur eine Randerscheinung bleiben, denn jeder Mensch ist auf Bequemlichkeit und Komfort aus. Die IT unterstützt bereits heute in sehr vielen Bereichen das Leben, macht es lebenswerter, teilweise schneller, aber insgesamt bequemer. Nicht umsonst nimmt der Ausbau von Voice-Recognition dermaßen zu. Der Mensch im Allgemeinen mag nicht mehr großartig tippen, sondern nur noch sprechen. So setzen es die Systeme von Amazon (Alexa), Apple (Siri), Microsoft (Cortana) oder Google Assistant bereits heute um und werden von Tag zu Tag besser

Die immer weitere Verflechtung von IT und „Leben“ im Allgemeinen hat natürlich Auswirkung auf jeden Einzelnen, insbesondere datenschutzrelevante Themen können immer wichtiger werden. Zumindest die Europäer nehmen dieses Thema an und versuchen dadurch in der Welt ein Alleinstellungsmerkmal zu erlangen.

Asien und auch die USA kümmern sich weniger um diese Themen, aber das hat kulturell andere Hintergründe: In den USA ist die Marktmacht von Alphabet (Google) Amazon, Facebook&Co zu groß, als dass hier noch nennenswerte datenschutzrelevante Gesetzte erlassen werden könnten.

In Asien wird der Mensch als Individuum von der Kultur her grundsätzlich nicht so ernst genommen – hier zählt die Masse und diese muss gesteuert werden.

Was bedeutet das für die Hotellerie und wie muss sich diese künftig aufstellen?

Auf der einen Seite muss man den gesetzlichen Verpflichtungen nachkommen, auf der anderen Seite sollen die Gäste zufriedengestellt werden, so dass diese mit dem gebuchten Produkt einverstanden sind.

Aktuelle Studien haben einige Punkte herausgearbeitet, wie der Umgang mit IT und Gästen in der Zukunft in der Business- oder auch Economy-Hotellerie aussehen kann:

1. Der Hotelgast der Zukunft erwartet eine Synthese aus digitaler Umgebung, Effizienz, Authentizität, persönlichem Kontakt und Sicherheit – mit dem Ziel, einen möglichst individuellen Aufenthalt zu erleben.

2. Daten sind der Schlüssel zu den Bedürfnissen des Gastes. Dabei liegt der Schlüssel für den Zugang zu diesen Daten in der Interaktion mit dem Gast. Gäste geben ihre Daten nur frei, wenn sie dafür einen individuell erlebbaren Mehrwert erhalten. Diesen Mehrwert generieren Hotels insbesondere durch den Einsatz sog. Künstlicher Intelligenzen (KI).

Was ist KI? KI ist mittlerweile zwar recht geläufig, wird aber in der Fachwelt nicht mehr so gerne verwendet. Stattdessen spricht man von ML – Machine Learning. Hier ein Auszug aus Wikipedia: „KI ist ein Teil der IT, der sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem Maschinellen Lernen befasst. Der Begriff ist insofern nicht eindeutig abgrenzbar, als es bereits an einer genauen Definition von „Intelligenz“ mangelt. Dennoch wird er in Forschung und Entwicklung verwendet…“

Ein Mehrwert kann, wie viele große Hotelketten vormachen, z.B. ein Kundenbindungsprogramm sein. Wobei auch dies m.E. nur ein vorrübergehendes Tool sein wird, da im Grunde kein Gast so loyal ist, immer nur beim gleichen Anbieter zu buchen. Die meisten Gäste mit Loyality-Cards haben gleich mehrere in der Tasche.

3. Auch auf Seiten des Gastes gewinnt der Einsatz von Systemen “künstlicher Intelligenz” an Bedeutung. Das Hotel begegnet in seiner Kommunikation vielfach einem digitalen Concierge des Kunden. Der digitale Concierge des Kunden ist weit mehr als nur ein Buchungsassistent: Als persönlicher digitaler Assistent kennt er den einzelnen Menschen in allen seinen Dimensionen und analysiert im Vorhinein, mit welchen Produkten und Services das Wohlbefinden des Individuums zu heben ist. Der digitale Concierge des Kunden wird gegenüber Anbietern zum autonom handelnden Einkäufer: In Echtzeit, im Dialog über Produktzuschnitt und Preis zum Kauf.

Da taucht dann gleich die Frage auf: Woher weiß der digitale Concierge soviel über den Menschen? Die Antwort ist einfach: Weil jeder täglich, stündlich und minütlich die Systeme mit seinen Bedürfnissen füttert. Sie kaufen digital ein, suchen digital und kommunizieren digital. All diese Informationen werden gesammelt, ausgewertet und individuell nutzbar gemacht. Google weiß heute schon schneller, wann wo z.B. eine Epidemie ausbricht, lange vor der WHO, alleine aufgrund der Menge und Art der Abfrage von Medikamenten oder „Wie helfe ich mir selber“.

4. Da Komplexität von Daten und eine große Menge von Anbietern für diese Assistenzsysteme keine Schwierigkeiten darstellen, entfällt künftig die heutige Geschäftsgrundlage gängiger Buchungsportale.

5. Um das Individuum in den Mittelpunkt eines Hotels zu stellen und den Anforderungen der Assistenzsysteme der Kunden gerecht werden zu können, werden auch Hotels zu autonom handelnden Akteuren. Dies beginnt kurzfristig beim Umbau bestehender IT-Systeme, gefolgt von der Automatisierung von Management Summary Prozessen und führt schnell zum Einsatz “maschineller Intelligenz”.

6.  Die Mitarbeiter des Business Hotels sind in Zukunft die Feel-Good-Manager des Gastes und authentische Gastgeber.

7. Flächenmangel, steigende Baukosten, komplexere Anforderungen an die Bausubstanz und sich ändernde Bedürfnisse der Gäste treiben die Flexibilität des Business- Hotels, vom Neubau über die Nutzung von Bestandsgebäuden bis hin zur Dezentralisierung des Angebots.

8. Das Business-Hotel der Zukunft ist Teil eines Ökosystems. Um die individuellen und situativen Bedürfnisse des Gastes zu bedienen, vernetzen sich Business-Hotels mit Anbietern entlang der gesamten Customer Journey.

Was bedeutet das nun für uns, für uns als Managing Company, Eigentümer und Hotelmanager?

Zum einen müssen wir die Hotels so aus- und aufrüsten, dass der Gast mit dem Interieur zufrieden ist, heißt: Er findet genau das vor, was er erwartet.

Aber was erwartet der Gast:

            Angemessenes Preis/Leistungsverhältnis

            In einem der letzten Rankings sind das:

  • Lage, Lage Lage

                        Und daneben:

  • Kostenfreies Highspeed Internet – Wifi
  • Steckdosen/USB Ports etc
    • Um all die mitgebrachten Devices jederzeit aufladen zu können
    • und das nicht nur Gast-Zimmern, sondern auch im Restaurant, an der Bar etc
  • SPA und Wellnessangebote (kostenfrei)
  • Schneller c/i und c/o
  • Funktionales und geräumiges Zimmer
  • Hochwertiger Service
  • Adäquate technische Ausstattung :
    • Digitale und automatisierte Prozesse
  • Online Buchung
  • Kulinarisches Angebot
  • Ausreichend Arbeitsmöglichkeiten

Die Generation der Hotelgäste befindet sich darüber hinaus in einem Strukturwandel. Generation X ist etabliert, nun kommt noch W und demnächst Z. Insbesondere letztere Generation ist von klein auf mit digitalen Medien aufgewachsen und hat schon im Kindergartenalter gelernt am Tablett oder Smartphone mit wenig Wischbewegungen das Programm zu erhalten, was es möchte und es zu bedienen. Diese Bedürfnisse müssen wir künftig beachten, denn Generation Z wird nicht nur reisen, nein, sie müssen auch einer Arbeit nachgehen.

Sie alle kennen die Probleme qualifizierte und bezahlbare Mitarbeiter zu bekommen.

Wir dürfen nicht den Fehler machen gerade diesen Mitarbeiter zu suggerieren, dass mit digitalen Medien Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. Nein, wir nutzen diese Medien, um hoffentlich die Arbeitsplätze effizienter zu gestalten und die noch übrig gebliebenen Mitarbeiter zu entlasten. Denn gerade diese Mitarbeiter sind die höher qualifizierten, die wir unbedingt behalten müssen!

Worum handelt es sich dabei:

  1. Um die Nutzung von Smartphone & Co mit direkter Interaktion in die vorhandenen IT  und Hotel-Systeme
  2. Um Roboter, die im Zweifelsfall lästige und wiederkehrende Arbeiten dauerhaft, effizient, leise und ohne Ausfälle erledigen und
  3. Softwareprogramme, die selbständig wiederkehrende Aufgaben intelligent zum Nutzen des Unternehmens lösen

Wir müssen aber auch die Kosten im Blick haben. Was können wir in Hotels etablieren, um Kosten zu sparen? Was sind Kostentreiber?

Das Thema Personal hatten wir eben, aber darüber hinaus haben wir einen Faktor, der jedes Jahr steigt und ein Ende nicht in Sicht ist:     

            Der Faktor Energie – Strom, Gas, Wasser

            Wie können wir diesen besser handhaben?

Neben Steuerungselementen im Back of the house  und besseren und angepassten Lieferverträgen sollten wir uns Gedanken machen, wie wir ggf. den Verbrauch im Gastzimmer anpassen können: z.B. durch intelligente Steuerungen; diese erkennen, ob und wie viele Gäste im Zimmer sind, ob diese wach sind oder schlafen und können entsprechend das Licht und auch die Klimaanlage steuern; WCs die einen optimalen Wasserverbrauch haben und nicht nachlaufen; intelligente Wasserhähne etc.

Und wenn wir schon im Bereich Gästezimmer sind, was erwartet der Gast an intelligenter Technik?

Er möchte vielleicht nicht lange nach einem Lichtschalter suchen müssen, sondern spricht vielleicht einfach mit Alexa & Co.

Benötigt der Gast noch einen Fernseher? Wie sieht es mit Tabletts und Telefon aus?
Zumindest für die Business Hotellerie haben diese Geräte m.E. keine Zukunft mehr. Hier müssen wir uns noch viel mehr auf das Device des Gastes konzentrieren und damit zu kommunizieren und interagieren. Und das bedeutet auch ein Umdenken am Front Office, wie ich den Gast erreiche. Nämlich nicht durch old-school TV Benachrichtigung oder Zettel unter der Tür, sondern mit Email oder Mobilfunknummer, Chat, (“WhatsApp”) etc, also Echtzeitkommunikation.

Wie könne wir ggf. unsere Hotelgebäude an sich zu Energiefabriken umbauen? Eigene Solarzellen, sei es auf dem Dach, oder in der Fassade eingelassen mit intelligenten Batteriespeichermedien oder auch eine Evaluierung von Blockheizkraftwerken bei größeren Hotels etc.

Fazit:

            Was bedeutet das für die Hotelerie heute:

  • Wir müssen in jedem Fall unsere Mitarbeiter mitnehmen. Wir müssen Transparenz schaffen, um Ängste zu nehmen. Wir müssen Lösungen und nicht Probleme aufzeigen. Wir müssen überzeugen, nicht überrennen.
  • Im Bereich von Umbauten und Renovierungen dürfen wir nicht einfach nur an Teppich, Bett und Tapete denken, sondern auch an Steuerung und Energie. An Energierückgewinnung, Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Nur dann können wir auch im Bereich Real Estate erfolgreich sein
  • Wir müssen neue Technologien einbauen – leider sind wenig davon „von der Stange“ zu erhalten und diese müssen individuell angepasst werden. Wenn wir als eigenständiges, mittelständiges Unternehmend agieren und am Markt existent bleiben wollen, müssen wir auch das Geld für den einen oder anderen Prototypen in die Hand nehmen. In jedem Fall müssen wir innovativ sein und bleiben.

Die Pandemie hat gezeigt, das Menschen sich auch schnell anpassen und Veränderungen akzeptiereb können. Es muss nur gut begründet sein und jedem potentiellen Nutzer Mehrwert bringen. Vor Corona gab es in Deutschland ein ausgesprochen großes Bedürfniss mit Bargeld zu bezahlen. Die Pandemie hat die menschen dazu gebracht bargeldlos und “sogar” mit dem Smartphone zu bezahlen.

Und warum das?

  1. es ist hygienischer, da ich kein Geld tausche
  2. es geht schneller
  3. es funktioniert

In diesem Sinne, bleiben Sie am Ball und Markt, schauen Sie, welche Möglichkeiten optimal für Ihr Produkt und Ihr Unternehmen passen.

Und benötigen Sie bei der Auswahl, Beratung, Integration und / oder Umsetzung Unterstützung, so stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

(c) Gerald Scheurmann-Kettner