Service Delivery – neu definiert

Das Schlagwort „service delivery“ neu definiert

Automatisierung und Verschlankung von Prozessen sind in aller Munde und werden in der Industrie bereits seit Jahrzehnten eingesetzt. Auch die Hotellerie hat begonnen sich diesen Themen zu widmen. Dies aber weniger vor dem Hintergrund Mitarbeiter zu sparen, sondern vielmehr die Lücken durch Technologien aufzufüllen, die durch den Fachkräftemangel entstanden sind. Ein Hotel möchte nach wie vor exzellenten Service bieten und hat das Streben, den Gast rundum zu um- und versorgen und zufriedenzustellen. Dies soll und wird auch die Kernkompetenz und Aufgabe von Hotels bleiben. Allerdings gestaltet sich dies immer schwieriger, da sich zum einen die Ansprüche der Gäste besonders in den letzten 10 bis 15 Jahren gravierend verändert haben, und zum anderen, da immer weniger Menschen bereit sind den Service zu erbringen – insbesondere am Wochenende oder nachts bzw. am späten Abend.

Um diese Lücken zu füllen, konzentriert man sich in der Hotellerie auf Mittel und Möglichkeiten, die der Gast selber einbringen kann, wie z.B. Apps und Co, zudem werden Technologien evaluiert, und eingesetzt, die Hotels den Gästen anbieten. Hierzu zählen z.B. Tabletts auf den Gästezimmern, Ausbau des TV-Gerätes zur medialen Steuerzentrale oder auch Check/in und Check/out Automaten. Dies alles soll dazu dienen Services anzubieten, die der Gast je nach Bedarf selbständig an- und abfordern kann, ohne dass das Hotel dafür direkt Mitarbeiter stellen muss.
Auch Chatbots spielen hierbei eine Rolle, die dem Gast suggerieren, dass das Anliegen direkt bearbeitet wird, dem Hotelier aber die Chance bietet, Zeit zu gewinnen. Ein Beispiel sei hierfür, dass der Gast per Chat ein Kopfkissen bestellt, er unmittelbar eine Rückmeldung zum Wunsch per Chatbot erhält und das Housekeeping dann nicht die Anfrage beantworten muss, sondern in angemessener Zeit das Kopfkissen auf das Zimmer bringt.

Neben den angesprochenen Themen hat uns aber insbesondere die Industrie gezeigt, dass Robotik manche Felder besetzen kann, die bis dato von Menschen ausgefüllt wurden. Wie eingangs erwähnt, fehlen aber diese Menschen, so dass sich auch die Hotellerie mit dem Thema Roboter beschäftigen muss. Beim Thema Robotik differieren die Meinungen der Menschen komplett. Die einen haben eine enorme Angst davor, Roboter könnten einen Menschen ersetzen und andere, die davon ausgehen, dass man komplette Prozesse und Prozessketten ausschließlich durch Roboter abbilden könnte.
Des Weiteren spielt das Aussehen von Robotern eine Rolle. Manche Menschen wünschen sich menschenähnliche Roboter, also humanoide Roboter, andere möchten gerne, dass Roboter als solche zu erkennen sind.

Im privaten Bereich boomt der Gebrauch von Robotern, sei es als Staubsaugerroboter, oder Rasenroboter. Hierbei sprechen wir über Maschinen, die genau einen Prozess abbilden können und nicht mehr. Und diesen auch nicht ganzheitlich. Denn ein Staubsaugerroboter kann zwar saugen, aber den Beutel nicht wechseln oder ausleeren. Also kommt immer wieder der „Mensch-zu-Maschine-Prozess“ zum Tragen.

Wir beschäftigen uns seit Jahren mit dem Thema, Prozesse zu verschlanken und effizient zu gestalten, mit dem Ziel, dass die noch verbliebenen Mitarbeiter Zeit für und mit den Gästen verbringen, also Ihren Kernaufgaben nachkommen können. Neben vielen anderen Themen haben wir deshalb beschlossen, sog. Delivery Roboter einzuführen. Einen Roboter, der automatisiert und autonom Dinge von einem Ort zum anderen zu bringen kann. Robotik bzw. Roboter sind nichts, was man von der Stange kaufen kann, sondern sind in jedem einzelnen Fall, Einsatzgebiet und Hotel als ein eigenes Projekt zu betrachten.

Nun haben wir ein Projekt unter dem Titel „service delivery -neu definiert“ in die Wege geleitet.

Wie haben wir das gemacht?
Wir haben evaluiert, wie der Prozess Service an den Menschen zu bringen effizienter gestaltet werden kann. Des Weiteren wurden die Services selber identifiziert:

Wer (oder was) soll den Service erbringen:
Eine möglichste autonome und unabhängige Einheit

Was soll als Serviceleistung erbracht werden
Ware von der Rezeption/Bar/Restaurant zum Gästezimmer bringen.

Zu welchem Zweck soll der Servcie erbracht werden?

Gäste mit Waren beliefern, ohne dass dafür der Rezeptionist seinen Arbeitsplatz verlassen muss, der Gast dennoch den vollen Service erreicht.

UND
nun in Corona Zeiten den direkten Mensch-zu-Mensch Kontakt zu minimieren


Welche Herausforderungen hatten wir?
Zum einen haben wir uns auf die Suche nach dem richtigen Hersteller gemacht.

Welcher Hersteller ist in der Lage, einen Roboter zu liefern, der im Hotelbetrieb einsetzbar ist und am Ende aber auch keine Kostenexplosion verursacht.

Zum anderen muss sich der Roboter im Hotel auskennen, er muss den Fahrstuhl bedienen können, um auf die Gästeflure zu kommen; er muss eine Lademöglichkeit haben, die verhindert, dass während des Transports Ware von fremden Personen entnommen wird und er muss so sicher agieren, dass keine Lebewesen verletzt werden. Und abschließend muss er in irgendeiner Art und Weise mit dem Gast interagieren.

Und als Dritter und entscheidender Punkt ist der Faktor Mensch, sprich die Mitarbeiter, zu sehen.

Letztlich konnten wir die Firma Awabot aus Frankreich für uns gewinnen den Roboter der Firma Savioke aus den USA als Pilot-Einheit einzusetzen. Weiterhin konnten nach den ersten Meetings im Hotel die Mitarbeiter davon überzeugt werden ein „Tool“ an die Hand zu bekommen, das Ihnen im Alltag Arbeit, aber nicht den Arbeitsplatz, wegnimmt. Stete Unterstützung bei dauerhafter und ausfallsicherer Anwesenheit.

Wir haben entschieden, ein full service 3*+ Hotel mit 160 Gästezimmern als Pilotobjekt zu nehmen.

Warum gerade 3*+?

Der Bedarf für einen Delivery-Roboter besteht meistens in der Zeit zwischen 18:00 und 23:00 Uhr, also während der heavy Check/in Zeit. Genau dann aber haben die Mitarbeiter mit den Gästen zu tun. In der Regel arbeiten in einem 3*+ Hotel maximal 2 Rezeptionisten gleichzeitig, haben dann also nicht unbedingt die Zeit, sich um andere Belange zu kümmern. Weiteres Personal wird im Service eingesetzt, das aber auch genau zu dieser Zeit Gäste an der Bar und im Restaurant bedient.

Der Roboter soll nun genau diese Mitarbeiter unterstützen.

Wie sieht die Funktionsweise im Einzelnen aus?

Der Gast ruft an der Rezeption an und fragt nach Getränken, Zahnbürste, Kopfkissen o.ä.. Der Rezeptionist nimmt den Wunsch entgegen und befüllt den Roboter, der unmittelbar an der Rezeption seine Ladestation hat. Nach Befüllung des Roboters und Eingabe der Zimmernummer fährt der Roboter vollkommen autonom zum Fahrstuhl, ruft diesen und gibt das richtige Stockwerk an. Der Roboter fährt in den Fahrstuhl und verlässt diesen auf der richtigen Etage. Sobald der Roboter vor dem Gastzimmer steht, ruft er den Gast per Zimmertelefon an und teilt ihm die Ankunft mit. In dem Moment, in dem der Gast die Zimmertür öffnet, öffnet sich eine Klappe am Roboter und der Gast kann die bestellte Ware entnehmen. Nach dem Schließen des Deckels begibt sich der Roboter wieder vollkommen autonom zur Ladestation und erwartet den nächsten Auftrag.

Der komplette Prozess dauert im Maximalfall 10 Minuten. Der Gast freut sich über die Lieferung und der Rezeption ist erleichtert, sich keine Gedanken darüber machen zu müssen die Ware zum Gast zu bringen.

Mittlerweile ist die Pilotphase erfolgreich abgeschlossen und der Roboter im Alltag integriert.

Das Gesamtbudget für dieses Pilotprojekt betrug initial nur ca. 25t€. Hiervon betroffen waren die Umrüstung des Aufzugs, Installations- und Service-Arbeiten vor Ort. Des Weiteren muss mit monatlichen Kosten für Wartung und Service in Höhe von rund 2500€ gerechnet werden

Das Projekt wurde und wird aktuell durch nur 4 Mitarbeiter betreut Der RoI ist nicht zu ermitteln, zumindest nicht unmittelbar. Alleine die Anfang des Jahres hervorgebrachten Medien-Aufmerksamkeit durch Print-, aber auch TV-Medien (WDR, Sat1) war und ist unbezahlbar. Die Motivation der Mitarbeiter durch die Unterstützung vom Roboter ist ebenfalls nicht monitär darstellbar.

Die nächsten Projekte und Hotels sind in direkter Vorbereitung, damit auch und insbesondere zur Corona-Krise der Mensch-zu-Mensch Kontakt wo gewünscht minimiert werden kann.

Weitere Projekte zum Onboarding von Roboter-Einheiten stehen kurz bevor.